God of War Test / Review

God of War ist Teil Sequel und Teil Reboot für die bekannte und beliebte Franchise in dem wir Teil einer Reise zwischen der etwas anderen Vater-Sohn Beziehung werden. Ist die Reise allerdings lohnenswert oder ist das Umdenken der Franchise nach hinten losgegangen?

Kratos ist in den Norden gezogen und das Setting spielt nun nicht mehr in der griechischen Mythologie, sondern in der nordischen Mythologie. Die Geschichte von Kratos und seinem Sohn Atreus fängt mit dem Tod eines Familienmitglieds an. Atreus Mutter ist gestorben und Kratos und Atreus wollen ihren letzten Wunsch erfüllen und ihre Asche auf dem höchsten Punkt des Landes verstreuen. Wenn man die Geschichte um unseren Anti-Hero Kratos jedoch kennt (sieben Spiele wenn man die Handheld-Spiele mit einbezieht) weiß man, dass der Weg nicht allzu einfach sein wird. Kratos Vergangenheit holt ihn ein und die anfangs simpel wirkende Aufgabe, vor allem weil man die Spitze des Berges bereits sehr früh sehen kann, wird schnell zur Reise in der man gegen untote Soldaten, Trolle, Elfen, Götter und andere mythische Wesen kämpfen muss. Die Reise wird für die meisten Leute ca. 20 – 30 Stunden einnehmen.

Die Story wird jedoch nicht alleine von der Aufgabe bestimmt, sondern eher von der Vater-Sohn Dynamik. Kratos und Atreus sind zum Anfang des Spiels eher Bekannte von einander und wirken nicht wie Vater und Sohn. Atreus konnte zu Lebzeiten mit seiner Mutter eine wesentlich bessere Verbindung aufbauen und dies merkt man auch. Kratos hat bereits ein langes Leben hinter sich und brachte so einige Götter und andere Menschen in seinem Leben um. Er wollte seinem Ursprung entfliehen und ist nun ein Fremder in einem anderen Land. Atreus muss ihm beispielsweise verschiedene Dinge übersetzen und Gott Mythologien im Norden erklären und erläutern. Ebenso ist jedoch auch Kratos ein Lehrer von Atreus in Sachen Kampf und Jagd. Die Beziehung und die Entwicklung der beiden ist mit die Tragsäule des kompletten Spiels. Zwei Menschen so unterschiedlich, einer jung, naiv und voller positiver Lebensansichten, und ein Gott des Krieges der deutlich älter geworden ist und seine negativen Erfahrungen mit sich trägt. Beide wissen nicht so ganz wie sie miteinander umgehen sollen und verarbeiten ihre Trauer um eine geliebte Person anders. Kratos möchte seinen Sohn vorbereiten auf die kalte und raue Welt aber ihn nicht zum Monster machen wie er es einst war bzw. ist. Der Zwiespalt der beiden wirkt über das komplette Spiel hinweg nachvollziehbar und in der Realität verankert. Es geht nicht nur um die Reise selbst, sondern um die Reisenden, deren Beziehung zueinander und die Entwicklung beider Charaktere.

Dieser Ansatz ist durchaus neu für die bestehende God of War Franchise, da wir bisher Kratos nur als blutdurstiges, eindimensionales Rachemonster kennen. Der Versuch Kratos eine neue Tiefe und bisher nicht dagewesene Komplexität zu geben funktioniert auf jeder Ebene und bringt außerdem eine Vater-Sohn Geschichte mit sich in die sich jeder hineinversetzen kann. Das Storytelling durch Dialoge, wie es damals The Last of Us wunderbar vorgemacht hat, wird auch im neuen God of War eingesetzt und wird bei allen Spielern funktionieren selbst wenn jeder Spieler diese Konversationen anders wahrnehmen wird. Spieler die die Geschichte hinter Kratos selbst gespielt haben wissen was er mit kleinen Bemerkungen im Spiel meint aber Spieler die neu einsteigen sind fühlen sich eher in den Schuhen von Atreus, da er genauso wenig von der Vergangenheit seines Vaters weiß.

Die intime, dynamische und komplexe Beziehung zwischen Kratos uns Atreus wird durch die neue Kamera hinzu noch bestärkt. God of War findet in einer einzigen Kameraführung (single camera shot), außer wenn man stirbt, statt und die anfangs befremdlich wirkende Kameraperspektive findet im Verlauf des Spiels ihre Stärke. God of War war für die Scale der Kämpfe bekannt und die neue Kamera bringt einen nahen over the shoulder Look mit sich. Da man nie die Seite von Kratos verlässt, wird man gezwungen jeden Moment, egal ob actiongeladen oder emotional, hautnah mitzuerleben. Dieses stilistische Mittel bringt einen Wow-Effekt im Kampf gegen riesige Gegner mich sich und gleichzeitig eine Intimität und Mitgefühl in den ruhigen Momenten des Spiels und dadurch werden jene Momente noch wirkungsvoller.

Anfangs stand ich der Neubesetzung von Kratos kritisch gegenüber aber Christopher Judge, den vieler sicherlich aus Stargate SG-1 kennen, macht eine wahnsinnig gute Performance als Kratos. Und ebenso positiv kann über Sunny Suljic gesprochen werden, da er ebenfalls eine glaubwürdige und starke Performance als Atreus darbietet. Beide Hauptcharaktere werden hinzu noch durch sehr gute Besetzungen und Performance der wenigen Nebencharaktere angehoben und ausgemalt. Zwar gibt es nur wenige Nebencharaktere, allerdings sind auf sehr hohen Niveau angesiedelt und steuern ihren Teil zur Geschichte bei. Selbst diese Charaktere haben im Spielverlauf eine komplexe und dynamische Beziehung zu Kratos und Atreus und eine der Nebenrollen wird mir von nun an immer als einer meiner liebsten Nebencharaktere in Erinnerung bleiben.

Nicht nur in Bezug auf die Kameraführung und Komplexität seiner Charaktere hat God of War etwas Neues ausprobiert, sondern auch im Leveldesign. God of War ist nicht mehr linear, sondern erhält eine neue Open-World Struktur welche nach eurem Geschmack erkundet werden kann. Zwar kann man diese Welt eher als "Semi-Open-World" betiteln, weil es nie eine Open-World wie beispielsweise in Horizon Zero Dawn oder The Witcher 3 wird, allerdings habt ihr genügend Freiheite um neue Gebiete zu erkunden, welche euch von eurer Hauptaufgabe ablenken könnte. Diese Side Missions bringen auch weitere Infos zur nordischen Welt und deren Mythologie und nur extrem selten landet ihr einer Sackgasse die nichts für euch bereithält. In der neuen Semi-Open-World sieht man auch die Inspiration von Castlevania: Symphony of the Night und Metroid. In beiden Spielen von damals sind Wege in einigen Bereichen anfänglich blockiert bis ihr gewisse Fähigkeiten freigeschaltet habt und dies ist auch im neuen God of War der Fall. Backtracking wird somit sinnvoll und zuvor besuchte Orte verändern sich im Laufe der Geschichte und neue Wege werden eröffnet. Somit erhält man auf ein vorher bekanntes Terrain eine neue Sichtweise und sucht weiter nach weiteren Geheimnissen, Side Quests und Story Infos. Durch Backtracking und Erkundung wird Story und Gameplay noch näher miteinander vereint.

Auch wenn es so scheint, dass in jedem zweiten Monat ein neues Spiel mit den „best visuals“ daher kommt, muss die Schönheit des Spiels hervorgehoben werden. Das Spiel sieht einfach hervorragend aus. Egal ob es um die Details der Charaktere geht, die Hintergründe des Gesehenen, die Beleuchtung oder einfach um die Scale des Spiels. Wow-Momente kamen nicht zu kurz. Auf der PS4 Pro könnt ihr zwischen Performance Mode, welches eine höhere FPS Zahl bietet, oder Resolution Mode, welches das Spiel auf 4K-Auflösung mit HDR setzt, wählen. Es sei gesagt, dass es im Resolution Mode manchmal zu FPS Drops kam. Dies war jedoch zum Glück nur sehr selten der Fall und der Spielspaß wurde nicht gehemmt. In welchem Modus ihr spielt, wird sicherlich auch etwas nach eurem Geschmack ausgerichtet sein, da der Resolution Mode auf 30 FPS bleibt und viele Gamer ein actiongeladenes Spiel lieber mit einer höheren FPS Anzahl spielen möchten.

Neben den bereits genannten Änderungen gab es auch Änderung im Kampfsystem. Auch wenn Kratos nun nicht mehr aus Rache, sondern zur Selbstverteidigung kämpft gibt es brutale Kämpfe mit Flair und Finesse. Die alte Hack and Slay Formel wurde beiseite geworfen und die Kämpfe bestehen nun aus Light Attacks, Heavy Attacks, verschiedene Runic Attacks (welche auch als Magic Attacks verstanden werden können), Shield Blocks und Atreus als helfende Hand im Kampf. Auch wenn die Charaktere nun emotionaler und komplexer sind bleibt ein weiteres Standbein der Franchise das Kampfsystem. Kämpfe sind weiterhin brutal, noch intimer durch die neue Kameraperspektive und ebenfalls taktischer gestaltet als zuvor. Kratos wirkt wie ein Heavyweight MMA Fighter der genau weiß was er tut und bewegt sich mit einem Flair der allzu überzeugend ist. Zur neuen Welt gab es auch eine neue Waffe. Die Leviathan Axe ist nun Kratos neue Waffe und bringt die Gegner noch näher ins Geschehen. Kämpfe sind nun eine Mischung aus Axtkampf, Axtwürfe und Handgefecht ohne Waffe. Die fliegende Axt ist von Thors Hammer Mjölnir inspiriert. Kratos kann seine Axt werfen und zurückrufen und dieser Trick wird zum Glück niemals alt. Santa Monica Studios hat es geschafft, dass der Sound, die Animation und das Gefühl der Axtwürfe großartig und beeindruckend sind. Egal ob beim ersten Wurf oder bei Wurf 2000 am Ende des Spiels.

Hinzu kommt Atreus im Kampf. Atreus ist zum Glück kein Hindernis im Kampf, sondern kann zur wirklichen Stütze werden. Atreus wird im Laufe des Spiels immer besser mit seinem Pfeil und Bogen und kann ebenfalls im Kampf zur Unterstützung gerufen werden. Das Finden der richtigen Kombination aus Axthieben, Axtwürfen, Handgefecht, Shield Blocks und das Einsetzen von Atreus kommt einem kämpferischen Ballett gleich und verstärkt nur die vorherig genannte MMA Aura von Kratos. Hinzu zu all den Änderungen gibt es nun auch RPG Züge in God of War. Kratos und Atreus können verschiedene Outfits und Armour Sets tragen die einen direkten Einfluss auf ihre Stats haben. Ebenso gibt es neue Skills und Charakterlevel. Das Charakterlevel wird nicht von den gesammelten XP (experience points) bestimmt, sondern von der Qualität der Rüstung. Je besser die Rüstung, desto besser die Stats und desto höher das Charakterlevel. XP dienen dazu neue Skills zu erwerben. Anfangs wirkt es etwas erschlagend mit all den neue Stats, Statseinflüssen und dem Craften von Armour. Aber egal ob Anfänger oder Veteran, die Stats sind sinnig unterteilt und können ebenfalls euren Spielstil beeinflussen.

 

Fazit 10 aus 10 

Das Geheimnis des Erfolgs ist das Ineinandergreifen der verschiedenen Facetten des Spiels. Ein ehemals eindimensionaler Charakter wird zu einer komplexen Vaterfigur mit einem sichtbaren inneren Konflikt. Atreus braucht keinen Babysitter und trägt tragend zur Dynamik der Vater-Sohn Beziehung, des Storytelling und des Kampfsystems bei. Das Kampfsystem und die RPG Elemente sind ausgereift. Musik und grafische Präsentation sind erstklassig. God of War schafft es wie eine perfekte Uhr zu laufen. Mehrere und verschiedene Zahnräder und Mechanismen arbeiten miteinander und greifen ineinander ein und bringen die Uhr somit perfekt zum Laufen. Ein bisher nie dagewesenes, gereiftes und erwachsendes God of War wurde kreiert und dieses unvergessliche Abenteuer sollte von jedem gespielt und erfahren werden.