Pro Evolution Soccer 2019 Test Review

Konami musste mit dem Verlust der UEFA Lizenz und den Absprüngen einiger Partnervereine einiges einstecken. Kann der Underdog im virtuellen Fußball-Business trotz dieser Rückschläge einen bleibenden Eindruck in diesem Jahr hinterlassen?

Manche Feinheiten kommen erst nach mehreren Spielen heraus und andere sofort beim ersten booten des Spiels. Konami hat dieses Jahr kein Klotz mehr am Bein und konnte sich vollends auf die „current-gen consoles“ konzentrieren, da es dieses Jahr zum ersten Mal keinen Titel für die frühere Konsolengeneration gibt. Dies sieht man anfänglich vor allem in den Visuals des Spiels. Lighting, Player-Faces, Player-Appearances, Zuschauer und Stadien sehen wirklich sehr gut aus. Die Partnervereine erhalten wie gewohnt ein VIP-Treatment und dort stechen die Visuals und die Atmosphäre nochmal deutlicher hevor. In Liverpool mit „You will never walk alone“ begrüßt zu werden oder im ikonischen Schalker Tunnel zu stehen und vorher die städtische Umgebung wahrgenommen zu haben sucht seinesgleichen. Die Kehrseite der Medaille sieht man jedoch wenn zwei nicht lizenzierte Mannschaften gegeneinander antreten. Wenn CL Purple und MD Blue White aus Spanien in ihren unästhetischen Trikots gegeneinander antreten, machen selbst die bekannten Spielergesichter nicht viel her. Das UI des Spiels ist weiterhin in den frühen 2000ern geblieben. Persönlich macht mir dies nichts aus, da mir Menüs in Sportspielen relativ egal sind, aber es sollte trotzdem erwähnt werden.

Kommen wir zum wahren Star des Spiels und Hauptgang der Speise: das Gameplay sowie das Spielgeschehen auf dem Rasen. Anfangs beschrieb ich, dass manche Feinheiten erst nach ein paar Matches auffallen und dies ist hier der Fall. Das Spieltempo fühlt sich etwas schneller an als in unseren Preview-Versionen, was ich persönlich schade finde. Aber es ist sicherlich weiterhin immer noch eine Fußball Simulation und kein Arcade-Kick.

Das Gameplay ist einfach fantastisch und Spieler bewegen sich mit Gewicht und Bestimmung. Auch hier merkt man, dass Konami sich nur auf die „current-gen consoles“ konzentrieren konnte und das erneuerte First Touch System trägt wirklich Früchte. Ballannahmen, Ballmitnahmen und Direktabnahmen sehen nicht nur klasse aus, sondern steuern auch etwas positives dem Gameplay bei. Starke Spieler können wesentlich besser mit dem Ball umgehen, verarbeiten und weiterleiten als schlechte Spieler. Wie es nun mal so sein sollte. Es braucht etwas Übung am Anfang aber sobald man den Dreh raus hat möchte man dieses Feature nicht mehr missen.

Der Ball scheint wirklich nicht auf magische Weise am Fuß zu kleben, sondern besitzt wie im realen Leben auch ein Eigenleben. Nicht nur das Spielgeschehen auf dem Rasen hat sich allgemein verbessert, sondern auch die Individualität der jeweiligen Spieler. Paul Pogba hat eine weitaus imposantere, physische Erscheinung im Spiel als ein Joshua Kimmich. Ein Philippe Coutinho besitzt eine feinere Ballbehandlung als ein Sergio Ramos. Die Spieler haben ihre eigene Individualität auf dem Rasen und dies sieht man nicht nur durch ihr äußeres Erscheinungsbild und den Namen im UI, sondern auch durch die Spielweise sowie Ballbehandlung.

Da das Spiel mehr einer Simulation gleicht, sind Tore nicht allzu häufig wie man es vielleicht möchte. Je nach Skill können natürlich immer noch Spiele 5:0 enden aber die „typischen Fußballergebnisse“ sind weitaus häufiger vertreten (kleiner Tipp: stellt die Spiellänge mindestens auf 10 Minuten). Tore haben hierdurch jedoch einen höheren Impact im Spiel. Man freut sich wesentlich mehr! Einmal habe ich mich bei einem Tor sogar dabei erwischt, wie ich auf den Monitor zeigte nach dem Motto: „geil heraus gespielt!“. Im selben Moment sehe ich auch wie mein Torschütze, in diesem Fall war es Mohamed Salah, auf Emre Can zeigt, als wolle er ihm das selbe deuten wie ich vorher. Das sind diese Momente die Konami so gerne als „the power of football“ darstellt und sie existieren wirklich in diesem Spiel. Es ist nur schade, dass die selben Emotionen nicht im geringsten durch das Kommentatoren-Duo vermittelt werden. Manche Aussagen des Kommentatoren Gespanns sind sogar manchmal schlicht weg falsch und spiegeln absolut nicht das wieder was auf dem Rasen geschieht. Tore werden oftmals mit einem Enthusiasmus bejubelt und beschrieben wie ich meine Wasserflasche in den Einkaufswagen lege - nämlich mit Null. 

Die Torhüter sind weiterhin oft ambivalent und zaubern Glanzparaden aus dem Hut, welche Oli Kahn vor Neid erblassen lassen, nur um später Aktionen zu reißen wie Loris Karius im Champions League Finale. Es ist weitaus weniger der Fall als in früheren PES-Titeln aber vorhanden ist es leider immer noch. Der CPU Gegner macht die „low crosses“ zu seiner Standard-Taktik, egal mit welcher Mannschaft und dies ist oftmals schwerer zu verteidigen als einem lieb ist. Ich schätze allerdings, dass dies bald mit einem Patch von Konami behoben wird und Mannschaften mehr ihrem Spielstil entsprechend angreifen. Was CPU angeht kann man direkt die Schiedsrichterleistung ansprechen. Die reicht von „sensible hoch 100“ bis zu „ich lasse alles durchgehen, selbst wenn du jemanden das Bein brichst“. Hier hoffe ich, dass Konami noch dran arbeiten wird. Vor allem weil diese große Varianz der Schiedsrichter sogar in einem einzigen Spiel geschehen kann.

Auf dem Spielfeld selber gibt es auch noch zwei weitere Erneuerungen. „Visible fatigue“ kommt ins Spiel und Spieler mit einer niedrigen „stamina“ soll man es äußerlich ansehen können. Wie im wahren Leben auch sind die Spieler an ihren Grenzen verletzungsanfälliger. Das Feature klappt in der finalen Version wirklich besser als bei den Preview Versionen und man sieht es Spielern an, wenn sie am Ende ihrer Ausdauerleistung stehen. Hiermit kommt sogar noch ein weiteres, taktisches Element ins Spiel. Man sollte auf keinen Fall mit seinen Spielern, vor allem in der Defensive, jedem einzelnen Ball hinterher sprinten. Gezieltes Sprinten macht weitaus mehr Sinn, eben wie im echten Fußball auch. Wenn ihr dann Spieler auswechseln möchtet gibt es das neue „quick subs“-System. Mit dem Druck auf das Touchpad könnt ihr, ohne ins Menü zu müssen, eure Spieler auswechseln. Angenehm ist hierbei, dass jeder Spieler für die Auswechslung auswählbar ist und nicht nur die Spieler mit einer niedrigen Stamina.

Master League bleibt fast komplett unberührt. Vertragsverhandlungen wurden nur sehr leicht überarbeitet und spiegeln leider die heutige Situation auf dem Transfermarkt absolut nicht wieder. Zwar gibt es nun den „International Champions Cup“ als Saison-Vorbereitungsevent aber seien wir mal ehrlich, wenige werden auf Grund dieses Cups vor Freude aus dem Sessel springen. Eine schöne Neuerung ist der erhöhte Schwierigkeitsgrad in der Master League. Wenn ihr diese auswählt, bringt es wirklich mehr Spaß und Spannung, da ihr euren Posten als Coach wirklich verlieren könnt. Eine Erneuerung ist, dass die eigenen Spieler nun Rollen einnehmen können, je nach Leistung und Persönlichkeit, die sogar aktive Buffs besitzen und Mitspieler beeinflussen können. Von „Creator“, zu „Workhorse“ oder „Generel“ gibt es verschiedene Buffs wie beispielsweise leicht erhöhte Stamina für das gesamte Team. Dieses kleine RPG Element finde ich persönlich schön eingebracht, da einzelne Spieler auch im wahren Fußball einen Mannschaftseffekt besitzen. Master League Fans werden sicherlich weiterhin dem Modus ohne Probleme treu bleiben können, allerdings wird es keine neuen Fans in den Bann reißen. Kurz gesagt: wenn du Master League noch nie mochtest, dann wirst du es dieses Jahr auch noch nicht mögen.

Zum Zeitpunkt des Tests/Reviews konnte ich noch keine online Modi wie myClub testen. Sobald ich online genügend Zeit hatte, werde ich den Bericht aktualisieren.

 

Fazit 9.0 aus 10

Ich schrieb es bereits letztes Jahr, dass es das Beste PES bisher ist und ich kann mit Freude berichten, dass Konami nochmal einen draufgesetzt hat. PES 2019 ist das beste PES was es bisher gab. Wenn man den Vergleich zwischen David und Goliath stellen möchte, dann muss man sagen, dass von den Lizenzen her unser kleinerer Freund nicht viel ausrichten kann. Aber wenn es um den puren Fußball auf dem Rasen geht, kann David gegen Goliath dieses Jahr mehr als „nur mithalten“ und den Riesen vielleicht sogar zu Fall bringen.